Abstracts zur Parallelsitzung 3.2:
Moderation: Annika Godder, Universitätsklinikum Essen
Die Bedeutung der Befähigung eines Vertreters im Rahmen der Gesprächsbegleitung Dr. Thomas Otten, Erzbistum Köln Im Falle aktueller Einwilligungsunfähigkeit kommt dem Patientenvertreter selbst bei Vorliegen einer aussagekräftigen und validen Patientenverfügung in den allermeisten Fällen eine zentrale Bedeutung zu. Das Bewusstsein für diese (auch im wörtlichen Sinne) entscheidende Rolle des (Gesundheits-) Bevollmächtigten bzw. Betreuers ist in Deutschland bislang nicht sehr weit verbreitet. Vor diesem Hintergrund versteht der Referent neben der Klärung der Vertreterfrage (ist bereits eine Person durch Vollmacht oder Betreuungsgericht für dieses Amt ermächtigt?) – falls erforderlich – auch die Aufklärung der vorausplanenden Person über die Bedeutung dieser Rolle sowie die Befähigung des Vertreters und die anschließende Vollmachtserteilung als integralen Bestandteil des ACP-Begleitprozesses. Der Referent stellt Aufbau, Elemente und Inhalte dieses (ersten) Abschnitts seiner (im nicht-stationären Kontext erfolgenden) Gesprächsbegleitungen vor und zur Diskussion. |
Die Vertreterdokumentation aus verfassungsrechtlicher Perspektive Dr. Friederike Gebhard, Universität Bielefeld |
„Adhärenz“ von Ärztinnen und Ärzten in Bezug auf Patientenverfügungen Dr. Malte Klemmt, Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt Hintergrund: Patientenverfügungen sind rechtlich bindend (§ 1827 BGB), sodass der in der Verfügung niedergelegte Wille von Ärzt:innen zu beachten ist. Neben Unsicherheiten bei der Gestaltung und Auslegung und schließlich der Anwendung von Patientenverfügungen, stellt sich die Frage nach der Bereitschaft von Ärzt:innen den im Dokument enthaltenen Willen auch tatsächlich umzusetzen. Fragestellung: Als Ziel der Studie sollen Entscheidungsprozesse von Ärzt:innen hinsichtlich der Beachtung von Patientenverfügungen rekonstruiert und dabei Faktoren identifiziert werden, die diese beeinflussen können. Methoden: Es wurden 17 Einzelinterviews mit Ärzt:innen unterschiedlicher Fachrichtungen bzw. Fachabteilungen aus drei Kliniken unterschiedlicher Versorgungsgröße in Deutschland geführt. Neben offenen Fragen wurden Fallvignetten eingesetzt. Ergebnisse: Präsentiert werden den Entscheidungsprozess beeinflussende Faktoren, wie strukturelle Rahmenbedingungen oder die innere Haltung der Befragten zu Patientenverfügungen. Die Rekonstruktion der Entscheidungsverläufe zeigt eine große Heterogenität im Hinblick auf mögliche Behandlungsentscheidungen und dazugehörige Begründungen. Schlussfolgerung: Die Ergebnisse tragen dazu bei zu erklären, warum Patientenverfügungen von Ärzt:innen nicht immer beachtet werden. Hierdurch kann die Adhärenz im Hinblick auf die Beachtung des vorausverfügten Willens verbessert werden. |
Hinderliche und förderliche Faktoren für ACP und Gespräche über den Verlust der Entscheidungsfähigkeit in Familien Samira Ruedin, University of Lausanne Hintergrund: Die Literatur zeigt, dass Advance Care Planning (ACP) einen aktiven Kommunikationsprozess mit dem therapeutischen Vertreter erfordert. Durch ACP wird sichergestellt, dass Vertreter die Wünsche der Patienten verstehen und vermitteln können. Diskussionen sind jedoch oft schwierig und werden daher vermieden oder oberflächlich geführt. Fragestellung: Ziel dieser Studie ist es, die Hindernisse und Förderer bei Gesprächen über den Verlust der Entscheidungsfähigkeit in Familien zu verstehen, im Hinblick auf den Kontext und den Inhalt der Gespräche sowie den Bedarf an professioneller Hilfe. Methoden: Es wurden 7 semistrukturierte Gespräche mit 2 in ACP erfahrenen Fachkräften und 5 Dyaden/Triaden von Personen, die mutmaßliche gegenseitige Vertreter sind, geführt. Ergebnisse: Die Kommunikation über gesundheitliche Vorausplanung wird als wichtig erachtet, besonders von den Vertretern. Gespräche finden oft in täglichen Interaktionen mit dem Partner oder den Kindern statt, ohne speziellen Rahmen oder dass sie zu Patientenverfügungen/ACP führen. Fachliche Unterstützung ist hilfreich, aber vor allem notwendig, wenn das Thema heikel ist oder man sich auf bestimmte Aspekte richten will. Schlussfolgerung: Diese Arbeit verdeutlich die Umstände von Gesprächen über den Verlust der Urteilsfähigkeit und deutet darauf hin, dass das Empowerment-Potenzial der Angehörigen verbessert wird, wenn die Wünsche des Patienten im Rahmen der ACP in Anwesenheit einer Fachkraft besprochen werden. |