ACP
Advance Care Planning
Deutschland

Abstracts zur Parallelsitzung 3.2:

Moderation: Dr. Jorge Riera, Uniklinikum Marbug


Dokumentierte Präferenzen in Advance Care Planning Dokumenten von hausärztlichen Patient*innen

Alexandra Schmidt, Universität Witten/Herdecke

Hintergrund: Qualifizierte Advance Care Planning (ACP) Gespräche werden in der stationären Pflege und Eingliederungshilfe von gesetzlichen Krankenkassen refinanziert. Daten zu ACP bei Patientinnen außerhalb dieser Einrichtungen fehlen bisher. Das Projekt evaACP untersucht die ACP-Gesprächsbegleitung in qualifizierten Hausarztpraxen.

Fragestellung: Welche Präferenzen finden sich in ACP-Dokumenten erwachsener hausärztlicher Patientinnen nach zertifizierter ACP-Gesprächsbegleitung?

Methoden: Retrospektive, deskriptive Dokumentenanalyse von ACP-Patientenverfügungen, die in Hausarztpraxen mit ACP-Gesprächsbegleitung erstellt wurden. Um Zusammenhänge zwischen Variablen zu berechnen wurde das Zusammenhangsmaß nach Spearman (rs) verwendet. Aufgeführt werden nur starke Effekte (r ≥ .50 nach Cohen), die sich als signifikant (p < .05) erwiesen.

Ergebnisse: Analyse von n=62 ACP-Dokumenten (56% w., 44-93 Jahre, Frailty Score <=6). Für den Notfall legt etwa die Hälfte (n=33) fest, dass sie uneingeschränkte lebenserhaltende Maßnahmen wünschen. Die Berechnung des Zusammenhangsmaßen zeigt, je gebrechlicher (rs = .450, p < .001) bzw. älter (rs = .609, p < .001) die Personen waren, umso weniger invasive Maßnahmen wünschten sie im Notfall. Bei Krankenhausbehandlung mit Einwilligungsunfähigkeit unklarer Dauer wurden immer Einschränkungen festgelegt. Für die Behandlung bei dauerhafter Einwilligungsunfähigkeit wünschten die meisten ein palliatives Vorgehen (n=55).

Schlussfolgerung: Vom akutmedizinischen Standard abweichende und variierende Festlegungen zeigen, dass eine qualifizierte, detaillierte Vorausplanung auch in Hausarztpraxen durchgeführt werden sollte, damit Patient*innen nach individuellen Präferenzen behandelt werden können.

Projekt Beahndlung im Voraus Planen – „BVP ambulant“ 

Marion Hemmer-Bachmann, Sankt Elisabeth Hospizverein Memmingen-Unterallgäu e. V.

Hintergrund: Aufgrund einer spendenbasierten Finanzierung in Höhe von 100.000 Euro ist es durch das Projekt „BVP ambulant“ möglich, Pflegekundinnen eines ambulanten Pflegedienstes der Diakonie Patientenverfügungen und Vertreterdokumentationen anzubieten. In Kooperation mit dem Sankt Elisabeth Hospizverein, der hierfür die professionelle BVP-Arbeit zur Verfügung stellt, sollen so über einen Zeitraum von 2 Jahren erste Erfahrungen zur Durchführung, Praktikabilität und Wirkmächtigkeit dieses neuen Instrumentes bei im häuslichen Umfeld lebenden Menschen gesammelt werden.

Fragestellung: Hauptaugenmerk auf die Schnittstelle Pflegedienst
– Welche Arbeitsabläufe und Kommunikationsstrukturen braucht es, um eine gelingende Abstimmung zwischen den Mitarbeiter des Pflegedienstes und dem Gesprächsbegleiter sicher zu stellen?
– Wie ist das Feedback der Mitarbeiter des Pflegedienstes?
– Entsteht ein Mehrwert für die Mitarbeiter? Z. B. Handlungssicherheit in Krisensituationen? Synergetische Effekte für das Pflegeangebot? Entsteht durch die Erstellung der Verfügung ein Mehrwert für den Kunden, seine Familie und/oder rechtlichen Vertreter? Hauptaugenmerk auf die Schnittstelle Pflegekundin
– Wie erlebt der Patient die Wirksamkeit der Verfügung?
– Werden die rechtlichen Vertreter durch die Erstellung der Verfügung entlastet?

Methoden:
– Erstellung von PV/VD
– regelmäßiger Austausch mit Mitarbeiterinnen d. Pflegedienstes

Ergebnisse & Schlussfolgerung: Projektende Feb. 2024

ACP-Sprechstunde am Uniklinikum Marburg 


Dr. Jorge Riera Knorrenschild, Uniklinikum Marburg

Hintergrund: Bei zunehmender Verdichtung der Arbeitszeit im Klinik-Alltag steht die Akutversorgung von Patienten im Fokus und ist vielfach kaum zu schaffen. Liegezeiten sind auf ein Minimum reduziert, es besteht kaum Zeit für eine adäquate Planung einer möglicherweise notwendigen Anschluss- oder psychosozialen Versorgung. Patienten sind durch die Akutsituation hochgradig belastet und daher erscheint der Zeitpunkt ACP durchzuführen als eine echte Herausforderung. Möglicherweise ist in diesem Szenario eine gelungene Information über ACP schon ein wichtiger Fortschritt, so dass Patienten nach Überstehen der Akut-Situation auf dieses Angebot zurückkommen könnten. Ausnahme hierfür sind möglicherweise die Palliativstationen oder Einzelfälle auf einer Akut-Station.
Andererseits existieren Bereiche in größeren Krankenhäusern, in denen Patienten im Rahmen einer Tagesklinik oder in Ambulanzen behandelt werden und über einen längeren Zeitraum immer wieder zu einer Therapie kommen. In diesem Setting wäre es sehr angemessen ACP anzubieten. Dies würde Patienten und deren Angehörige die Möglichkeit eröffnen sich bei schwindenden körperlichen / geistigen Fähigkeiten mit der Frage nach einer guten Patientenverfügung auseinanderzusetzen und diese über ACP zu realisieren.  
 
Fragestellung: Wie ist es möglich eine ACP-Ambulanz in einem Akut-Krankenhaus zu etablieren und zu verstetigen? 
 
Methoden: Über mehrere wissenschaftlich geförderte Programme wurde zunächst der Bedarf bei onkologischen Patienten nach ACP erfasst und ein Screening Instrument entwickelt. Dann erfolgte ein Programm um ACP in der Klinik zu implementiert, die Verstetigung ist ein laufender Prozess. 
 
Ergebnisse: Etablierung einer ACP-Ambulanz im Krankenhaus
 
Schlussfolgerung: Die Etablierung einer ACP-Ambulanz ist mit Hilfe von wissenschaftlich geförderten Programmen möglich, die Verstetigung derselbigen bedarf einer Anschluss-Finanzierung. 

ACP trifft Ethik-Komitee – Widerspruch oder Ergänzung?

Barbara Spandau, CareKompetenz BS, Karlsruhe & Andreas Landkammer, Ethikberatung Karlsruhe

Hintergrund: gemeinsame Arbeit im ambulanten Ethik-Komitee Karlsruhe und als ACP Berater. Häufig Anfragen ans Ethik-Komitee, die sich dann bei näherer Betrachtung als ACP Beratung herauskristallisieren.

Fragestellung: Ist ACP eine sinnvolle Ergänzung für Ethik-Komitees und können ethische Aspekte ACP Beratungen bereichern? Welche Synergieeffekte können entstehen?